Kunststoff Lexikon

Biokunststoff

Als Biokunststoff oder auch Bioplastik werden Kunststoffe (wie Plastik, Gummi usw.) bezeichnet, die ausschließlich aus nachwachsenden Rohstoffen (Stärke, Öle usw.) erzeugt wurden. Durch den chemischen Prozess des Crackens und erneute Poly-merisation ist man heute in der Lage, Molekülketten herzustellen, die vergleich-bare Eigenschaften besitzen, wie die auf Erdölbasis. Mögliche Ausgangspflanzen sind z.B. Mais oder Zuckerrüben. Der große Vorteil der meisten Biokunststoffe ist, dass sie unter geeigneten Bedingungen in einem Zeitraum von ca. 8-12 Wochen vollständig abgebaut werden. Die Firma Dincertco beschäftigt sich mit der Zertifi-zierung der Abbaubarkeit von Biologischen Kunststoffen. Bei der Herstellung können die Materialeigenschaften von Biokunststoffen aber auch so modifiziert werden, dass sie beständig sind.


Marktsituation
Kunststoffe werden heute überwiegend aus Erdöl hergestellt. Vor allem der weltweit steigende Energiehunger und Kraftstoffdurst aber auch politische Instabilität in den Förderländern haben den Preis für Rohöl in den letzten Jahren kräftig steigen lassen. Mit einem dauerhaft günstigen Ölpreis auf dem Niveau der 1990er Jahre ist in Zukunft nicht mehr zu rechnen. Vor diesem Hintergrund werden nachwachsende Rohstoffe zu einer echten Alternative auch für die Kunststoffbranche.

Aufgrund ihrer positiven Eigenschaften stellen Biokunststoffe zumindest in einigen Bereichen eine echte Alternative zu herkömmlichen, fossilen Kunststoffen dar. Aussagen über die Potenziale von Biokunststoffen sind stark davon abhängig, ob es gelingt, mit positiven Rahmenbedingungen das Interesse der Kunststoff erzeugenden Industrie an Biokunststoffen verstärkt zu wecken.

Von 14 Mio. Tonnen Verpackungen, die jährlich in Deutschland hergestellt werden, bestehen fast 40 Prozent aus Kunststoff. Rund 1,8 Mio. Tonnen hiervon entfallen auf kurzlebige oder nur einmal gebräuchliche Kunststoffverpackungen, wie Folien, Beutel, Tragetaschen, Säcke oder Einwegbesteck und -geschirr. Diese Produkte, bei denen es vor allem auf ihre Lebensmittelechtheit ankommt, könnten problemlos auch aus Stärkekunststoffen und Polylactiden gefertigt werden. Aufgrund dieser Tatsache halten Experten ein Potenzial für Biokunststoffe in Deutschland von circa einer Million Tonnen für realistisch. Dieser Einschätzung nach ist auch europaweit davon auszugehen, dass etwa die Hälfte der sechs Mio. Tonnen „Wegwerf-Verpackungen“ durch Biokunststoffe ersetzt werden könnten. Aufgrund der starken Wettbewerbsstrukturen auf dem Kunststoffmarkt können Biokunststoffe allerdings noch nicht mit dem branchenüblichen Preis-Leistungs-Verhältnis mithalten.

Vorteilhaft ist die Verwendung von Biokunststoffen auch im Bereich des Gartenbaus. Hier wäre von einem Verbrauch von verrottenden Pflanzgefäßen in der Größenordnung von 12.000 bis 20.000 Tonnen im Jahr auszugehen. Hinzu kämen noch ungefähr 1.500 Tonnen an Mulchfolien. Auch die COPA (Committee of Agricultural Organisation in the European Union) und die COGECA (General Committee fort he Agricultural Cooperation in the European Union) haben sich mit dem Einsatz von Biokunststoffen in der Landwirtschaft auseinandergesetzt. In einem 2001 verfassten Entwurf wurden die Potenziale von Biokunststoffen für Europa wie folgt aufgeführt.

Für die Entwicklung des Biokunststoffmarktes ist eine weitere Variable von zen-traler Bedeutung: der Ölpreis. Konventionelle Kunststoffe werden auf fossiler Basis hergestellt. Da zumindest in der Kunststofferzeugung der eigentliche Rohstoff einen maßgeblichen Anteil an der Wertschöpfung des Produkts darstellt, ist der Preis des Kunststoffs mittelbar an den Rohölpreis gekoppelt. Insofern schlägt sich eine Preiserhöhung der fossilen Rohstoffe, wenn auch um einige Monate bis Jahre verzögert[1], in dem Preis für Kunststoffe nieder. Bei der momentan stattfindenden Verteuerung des Grundstoffs Erdöl ist eines klar: Biokunststoffe werden in zunehmenden Maße eine Alternative!

[1] Die Verzögerung ist durch längerfristige Rahmenverträge mit den Zulieferern und bestehenden Lagervorräten zu erklären.


Verwendungsbereiche

Verpackungen

Aufgrund der biologischen Abbaubarkeit von Biokunststoffen findet ihre Verwen-dung vor allem im Verpackungsbereich großen Zuspruch. Am verbreitetsten sind mittlerweile wohl die einfach aufgeschäumten duroplastischen Verpackungschips, die auf der Basis von Stärke hergestellt werden. Daneben gibt es aber noch viele weitere Verpackungsprodukte aus kompostierbaren Biokunststoffen, die vor allem in der Lebensmittel- und Kosmetikindustrie zum Einsatz kommen könnten, denn technisch ist eine Vielzahl von Verarbeitungsmethoden möglich. Biokunststoffe können zu Folien und Mehrschichtfolien geblasen werden, sie lassen sich als Flachfolien extrudieren, sind thermoverform- und tiefziehbar, man kann sie bedruc-ken, schweißen, spritzen und verkleben. Ohne weiteres ist es möglich, Biokunst-stoffe mit den gängigen Techniken und auf den herkömmlichen Maschinen zur Kunststoffverarbeitung zu konfektionieren.

Etabliert hat sich die Anwendung von Biokunststoffen bereits in der Fertigung von Tragetaschen und Tüten, die zuletzt als Sammelbeutel für kompostierbare Abfälle Verwendung finden, sowie bei der Erzeugung von Schalen für Gemüse, Obst, Eiern und Fleisch oder von Behältnissen für Getränke und Molkereiprodukte. Auch Blisterverpackungen, wie man sie von abgepacktem Obst oder Gemüse kennt, lassen sich problemlos aus Biokunststoffen herstellen. Verbundverpackungen aus Papier oder Karton mit Biokunststoffbeschichtungen bilden eine neue Generation von Verpackungen mit kompostierbaren Eigenschaften und ermöglichen eine Verwertung ohne komplizierte und aufwendige Trennungsverfahren. In der Sparte der Abfallentsorgung und der Verpackungen besitzen kompostierbare Säcke und Behältnisse zum Sammeln von Biomüll bereits einen beträchtlichen Marktanteil, während in anderen Bereichen die Verwendung von Biokunststoffverpackungen noch immer sekundär ist. Doch genau hier liegen die Potenziale der Biokunststoffe, die die Produktion von verbraucherfreundlichen und Entsorgungskosten verringernden (ca. 1 Euro/kg im Vergleich zu herkömmlichen Kunststoffverpackun-gen) Verpackungen ermöglichen.

Cateringartikel
Zu den besonders kurzlebigen Verpackungen zählen auch Cateringprodukte. Einmalgeschirr und –besteck, sowie Trinkbecher und Schalen, Einwickelfolien für Hamburger oder Trinkhalme werden nach der einmaligen Benutzung mitsamt der anhaftenden Essensreste entsorgt und häufen sich nach Großveranstaltungen und Festen zu großen Müllbergen an. Die Verwendung von Biokunststoffen bietet hier klare Vorteile nicht nur in ökologischer Hinsicht, die sich aus der Kompostierbarkeit von nicht petrochemisch erzeugten Kunststoffen ergeben, sondern auch in ökonomi-scher. Denn mit dem Einsatz von Biokunststoffen lassen sich auch hohe Entsor-gungskosten sparen, was besonders für die Hersteller und Abnehmer von kurz-lebigen Verpackungen in der Catering- und Systemgastronomiebranche von Interesse ist. Der Abfall würde im Ganzen in die Biotonne wandern, komplizierte und kostspielige Mülltrennungsverfahren wären hinfällig.

All jene oben genannten Produkte werden bereits aus Biokunststoffen erzeugt. Dabei bleibt auch im Hinblick auf den gestalterischen Anspruch des Nutzers kein Wunsch offen: jede Farbe und jede Form der Produkte ist realisierbar.


Biokunststoffarten

Stärke und Stärkeblends]
Mit einem Marktanteil von etwa 80 Prozent bildet thermoplastische Stärke den derzeit wichtigsten und gebräuchlichsten Vertreter der Biokunststoffe. Reine Stärke besitzt die Eigenschaft Feuchtigkeit zu absorbieren und wird deshalb vor allem im Pharmabereich zur Erzeugung von Medikamentenkapselhüllen eingesetzt. Um Stärke auch Thermoplastisch verarbeitbar zu machen, werden ihr natürliche Weich-macher und Plastifizierungsmittel wie Sorbitol und Glycerin hinzugefügt. Diese Zusatzstoffe ermöglichen durch variierbare Dosierung eine spezifische, dem Ver-wendungszweck entsprechend angepasste Veränderung der Materialeigen-schaften der sogenannten thermoplastischen Stärke.

Thermoplastische Stärke ist nur eine der Komponenten, aus der moderne Bio- kunststoffe auf Stärkebasis hergestellt werden. Der zweite Grundbestandteil dieser Kunststoffblends besteht aus wasserabweisenden, biologisch abbaubaren Polymeren wie Polyester, Polyesteramiden, Polyesterurethanen oder Polyvinyl-alkohol. Ein Kunststoffblend setzt sich demnach aus zwei Phasen zusammen, aus der kontinuierlichen und der hydrophoben Polymerphase, sowie aus der dispersen und hydrophilen Stärkephase. Während des Schmelzvorgangs im Extruder verbin-den sich die wasserlösliche, disperse Stärkephase und die wasserunlösliche, kontinuierliche Kunststoffphase zu einem wasserfesten Stärkekunststoff. Diese Erkenntnisse bildeten die Basis für die Weiterentwicklung und den schließlichen Durchbruch der Stärkekunststoffe (EP 0596437, EP 0799335).

Stärkeblends und –compounds werden je nach Einsatzgebiet individuell für ihre weitere Nutzung in der Kunststoff verarbeitenden Industrie entwickelt und produziert. Als Granulate lassen sie sich auf den vorhandenen Anlagen zu Folien, tiefziehbaren Flachfolien, Spritzgussartikeln oder Beschichtungen verarbeiten. Beispiele dafür sind Tragetaschen, Joghurt- oder Trinkbecher, Pflanztöpfe, Besteck, Windelfolien, beschichtete Papiere und Pappen. Auch durch chemische Veränderung (Um-setzung zu Stärkeestern oder Stärkeethern mit hohem Substitutionsgrad) kann Stärke thermoplastisch modifiziert werden. Diese Verfahren haben sich aber wegen der damit verbundenen hohen Kosten noch nicht durchgesetzt.


Polymilchsäure (PLA)
Das durchsichtige Polylactid (PLA) gleicht herkömmlichen thermoplastischen Massenkunststoffen nicht nur in seinen Eigenschaften, sondern lässt sich auch auf den vorhandenen Anlagen ohne weiteres verarbeiten. PLA und PLA-Blends werden als Granulate in verschiedenen Qualitäten für die Kunststoff verarbeitende Industrie zur Herstellung von Folien, Formteilen, Dosen, Bechern, Flaschen und sonstigen Gebrauchsgegenständen angeboten.

Vor allem für kurzlebige Verpackungsfolien oder Tiefziehprodukte (z. B. Getränke- oder Joghurtbecher, Obst-, Gemüse- und Fleischschalen) birgt der Rohstoff großes Potenzial. Denn der Weltmarkt für das Marktsegment “Transparente Kunststoffe” beträgt immerhin 15 Mio. Tonnen (2001). Nicht nur bei Verpackungen weiß man die Durchsichtigkeit zu schätzen, auch für Anwendungen in der Bauindustrie, Technik, Optik und im Automobilbau hat sie Vorteile. Außerdem gibt es lukrative Spezial-märkte, zum Beispiel im medizinischen und pharmazeutischen Bereich, wo PLA bereits seit längerem erfolgreich zum Einsatz kommt. Vom Körper resorbierbare Schrauben, Nägel, Implantate und Platten aus PLA oder PLACopolymeren werden zur Stabilisierung von Knochenbrüchen verwendet. Auch resorbierbares Nahtmate-rial und Wirkstoffdepots aus PLA sind schon lange im Gebrauch.

Ein großer Vorteil von PLA ist die besondere Vielfalt dieses Biokunststoffes, der wahlweise schnell biologisch abbaubar oder auch jahrelang funktionsfähig einge-stellt werden kann. Weitere Vorteile der Polylactid-Kunststoffe sind die hohe Festigkeit, die Transparenz der Folien, Becher und Behälter, die Thermoplastizität und gute Verarbeitung auf den vorhandenen Anlagen der Kunststoff verarbeitenden Industrie. Nichtsdestotrotz hat PLA auch Nachteile: da der Erweichungspunkt bei etwa 60 Grad Celsius liegt, ist das Material für die Herstellung von Trinkbechern für Heißgetränke nur bedingt geeignet. Eine Vielzahl von weltweit erfolgten Patentan-meldungen zeigen den Eifer der Forscher auf der Suche nach einer Lösung. Die Copolymerisation zu hitzebeständigeren Polymeren oder der Zusatz von Füllstoffen können für größere Temperaturstabilität sorgen. Für die Herstellung von PLA aus Glucose über die Zwischenschritte Milchsäure und Dilactid existieren bereits kontinuierliche Verfahren. Damit ist die Industrie in der Lage, das Material kosten-günstig und mittelfristig wettbewerbsfähig gegenüber Massenkunststoffen herzu-stellen. Die weltweit erste größere PLA-Produktionsanlage mit 140.000 t Jahreskapazität wurde 2002 in den USA in Betrieb genommen.


Polyhydroxybuttersäure (PHB)
Das Biopolymer Polyhydroxybuttersäure (PHB) ist ein aus erneuerbaren Rohstoffen fermentativ herstellbarer Polyester, mit Eigenschaften ähnlich denen des petrochemisch erzeugten Kunststoffs Polypropylen. PHB gilt als “schlafender Riese” unter den Biokunststoffen. Weltweit kündigen zahlreiche Firmen an, in die PHB-Produktion einzusteigen bzw. ihre Produktion auszuweiten, so beabsichtigt neben einigen mittelständischen Herstellern nun auch die südamerikanische Zuckerindustrie die Herstellung von PHB im industriellen Maßstab, um Preise unter 5 €/kg zu realisieren. PHB ist biologisch abbaubar, hat einen Schmelzpunkt von über 130 °C, bildet klare Filme und besticht durch seine mechanischen Eigenschaften.

PHB wird auch, mit weiteren Bestandteilen vermischt, als PHB-Blend verwendet. Dabei können z. B. durch den Zusatz von Celluloseacetaten besondere Materialeigenschaften erreicht werden. Die Palette der Eigenschaften von PHB-Blends erstreckt sich von Klebern bis Hartgummi. Statt Celluloseacetat sind auch Stärke, Kork und anorganische Materialien als Zusätze denkbar. Die Vermischung mit günstigen Zusatzstoffen (Celluloseacetat ist ein preisgünstiges Abfallprodukt aus der Zigarettenfilterproduktion) wirkt sich auch günstig auf die Produktionskosten von PHP-Blends aus. Mittelfristig lassen sich nach Angaben zahlreicher Forscher damit die Herstellungskosten bis in den Bereich Erdöl-basierter Plastikmaterialien absenken.

(Quellen: biokunststoffe.com, Elisabeth Wallner (2002): Herstellung von Polyhydroxyalkanoaten auf der Basis alternativer Rohstoffquellen, Dissertation; Bio-Pro GmbH; IBAW; FNR; Biomer)


Celluloseacetate
Cellulose-Acetat wird zwar zu den thermoplastischen Kunststoffen gezählt, ist aber eher ein modifizierter Naturstoff. Ebenso wie das Celluloid wird es aus natürlicher Cellulose gewonnen. Und obwohl es sich gleichermaßen gut verarbeiten und beliebig einfärben lässt, hat es doch einen gravierenden Vorteil: Es ist ungefähr-licher als das extrem leicht entflammbare Celluloid. Entdeckt wurde das Celluloseacetat schon 1865, doch erst ein partiell verseiftes Sekundäracetat brachte 1904 ein Rohmaterial, aus dem sich Folien und Filme fertigen ließ. Schon 1919 wurde ein mit Weichmachern modifiziertes Celluloseacetat als erste Spritzgießmasse patentiert und ermöglichte damit ganz neue und sehr effektive Produktionsmethoden für Schirmgriffe, Tastaturen, Lenkrädern, Spielzeuge, Kugelschreiber und viele weitere Produkte des täglichen Lebens.

Quelle: Wikipedia

 



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