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Kunststoff-Schweiz - News-Corner
 
02.09.2025
 
  
KOF Konjunkturforschungsstelle: Schweizer Kreislaufwirtschaft: Strategie boomt – Umsetzung stockt
    
Schweizer Unternehmen entdecken die Kreislaufwirtschaft rasant – zumindest auf dem Papier. Während bereits 27 % die Kreislaufwirtschaft spürbar im Geschäftsmodell verankern, setzt erst rund jedes zehnte Unternehmen die Wende wirklich breit um. Investitionen und Umsatzanteile mit Bezug zur Kreislaufwirtschaft bleiben zurück. Das zeigt der «Statusbericht der Schweizer Kreislaufwirtschaft» der Berner Fachhochschule und der KOF.

- Die strategische Verankerung bei Unternehmen springt im Vergleich mit dem Statusbericht vor vier Jahren stark nach oben: von 11 % auf neu 27 Prozent – mehr als eine Verdoppelung.
- Nur 15 % erzielen mehr als 10% des Umsatzes mit zirkulären Produkten (2020: 12%).
- Nur 10 % der Firmen setzen mehr als 10 Aktivitäten um (2020: 8%).
- Nur 7% investieren mehr als 10% ihrer Gesamtinvestitionen in Kreislaufwirtschaft (2020: 9%).

«Die Entwicklung auf strategischer Ebene ist sehr dynamisch, das ist positiv und zeigt, dass das Konzept der Kreislaufwirtschaft bei Unternehmerinnen und Unternehmern zunehmend etabliert ist», sagt Co-Autor Prof. Tobias Stucki vom Departement Wirtschaft der Berner Fachhochschule. «Aber die Schweiz bleibt an der Oberfläche, noch fehlt die Tiefe. Im aktuellen geopolitischen Umfeld, in dem Lieferketten zunehmend unberechenbar werden, wäre es wichtig, mit Ressourcen zunehmend effizienter umzugehen.»

Die Vorreiter der Kreislaufwirtschaft in der Schweiz sind gemäss der vorliegenden Studie Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitenden. Sie haben im Schnitt die Kreislaufwirtschaft schon zu 54% strategisch verankert, bei mittleren Unternehmen sind es 39%, bei Unternehmen mit weniger als 50 Mitarbeitenden 23%. Auch bei den anderen drei Indikatoren (Investitionsanteil, Umsatzanteil und Anzahl Aktivitäten) schwingen die grossen Unternehmen obenaus. Über alle Unternehmen hinweg werden besonders oft auch Aktivitäten im Bereich des Energieverbrauchs oder der Nutzung erneuerbarer Energiequellen umgesetzt.

«Im Vergleich dazu sind Aktivitäten im Bereich der Lieferkette oder der eingekauften Rohstoffe deutlich seltener. Dies wohl deshalb, da deren Umsetzung meist komplexer und oft von externen Partnern abhängig ist», sagt Co-Autor Prof. Martin Wörter von der KOF. «Im Durchschnitt der Unternehmen steht die Umsetzung der Kreislaufwirtschaft derzeit nur dann in einem positiven Zusammenhang mit der Umsatzproduktivität, wenn sie gleichzeitig die Effizienz des Unternehmens steigert.» Aus Umweltperspektive ist die Kreislaufwirtschaft aber zentral. Die Studie zeigt denn auch, dass sich die Umsetzung der Kreislaufwirtschaft positiv auf die Umwelteffekte der Unternehmen auswirkt.

Grosse Unterschiede zwischen Branchen und Regionen
Zwischen den Branchen zeigen sich grosse Unterschiede: Keine Branche schneidet bei allen Indikatoren durchgängig gut ab. Generell eher stark bei der Umsetzung von Aktivitäten im Bereich der Kreislaufwirtschaft sind Branchen wie Telekommunikation, Elektronik und Medizinaltechnik. Andere – etwa Bau, Immobilien oder persönliche Dienstleistungen – stehen noch am Anfang der Transformation.

Auch regional besteht eine erhebliche Streuung: Bei der strategischen Verankerung liegen Unternehmen in der Zentralschweiz (35%) und Ostschweiz (30%) vorne, das Tessin (16%) bildet das Schlusslicht. Bei Umsatzanteilen im Bereich Kreislaufwirtschaft von mehr als 10% bildet dagegen das Tessin (16%) zusammen mit der Zentralschweiz (19%) und der Ostschweiz (21%) das Spitzentrio.

Methodik und Finanzierung der Studie
Basierend auf einem spezifisch entwickelten Konzept zur Abbildung der Kreislaufwirtschaft auf Unternehmensebene, wurden 2024 die rund 10'000 Unternehmen des für die Schweiz repräsentativen KOF Unternehmenspanels schriftlich befragt. Dabei wurde für 37 konkrete Aktivitäten aus dem Bereich der Kreislaufwirtschaft erhoben, inwiefern die Unternehmen im Zeitraum 2022 bis 2023 messbare Veränderungen erzielt haben. Die erhobenen Daten erlauben einen Vergleich zwischen Industrien, Regionen und Unternehmen verschiedener Grössen und zeigen so für die Schweiz ein repräsentatives und differenziertes Bild der Verbreitung zirkulärer Aktivitäten in den Unternehmen - auch im Vergleich mit dem ersten Statusbericht Kreislaufwirtschaft, den dieselbe Gruppe im Jahr 2021 publiziert hatte.

Der Statusbericht Kreislaufwirtschaft wurde vom Bundesamt für Umwelt, dem Staatssekretariat für Wirtschaft und den Kantonen Aargau, Basel-Stadt, Bern und Zürich finanziell unterstützt. Für den Inhalt sind allein die Autorinnen und Autoren verantwortlich. Die Umfrage, auf der diese Analyse basiert, haben die KOF und die Berner Fachschule eigenständig durchgeführt.

Kreislaufwirtschaft kurz erklärt
Die Kreislaufwirtschaft ist ein Modell, das eine ressourcenbasierte und systemische Sichtweise einnimmt und der Gesellschaft dazu dient, das Wohlergehen innerhalb der planetaren Grenzen zu erreichen. Ziel der Kreislaufwirtschaft ist die Gestaltung eines Systems, in dem die Menge der benötigten Ressourcen klein gehalten wird. Diejenigen Ressourcen, die genutzt werden, sollen wiederkehrend genutzt und in möglichst geschlossenen Kreisläufen verwendet werden. Güter und Dienstleistungen werden mit erneuerbarer Energie produziert und sind aus Materialien hergestellt, die eine sichere Entsorgung der unvermeidlichen Abfälle gewährleisten.


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KOF_Konjunkturforschungsstelle_Schweizer_Kreislaufwirtschaft