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Kunststoff-Schweiz - News-Corner
 
21.08.2015
 
  
NZZ: Gastkommentar von URS F. MEYER, Swiss Plastics
    
Die Verwaltung unterstützt die Wirtschaft nicht - Gastkommentar von URS F. MEYER, Swiss Plastics

In der Schweiz sind rund 830 Unternehmen angesiedelt, die Kunststoff produzieren. Sie beschäftigen knapp 34 000 Mitarbeitende und generieren über 15 Milliarden Franken Umsatz. Auch die Kunststoffindustrie leidet unter dem Frankenkurs. Weit verheerender wirken sich aber Handelshemmnisse aus. Der Entscheid der Nationalbank zur Aufhebung der Wechselkursuntergrenze hat die stark exportbasierte Kunststoffindustrie empfindlich getroffen. Der Bund muss deshalb dafür sorgen, dass Handelshemmnisse für Kunststoffprodukte rasch abgebaut werden. So ist beispielsweise der Import von Kunststoffgranulat aus Asien zollbefreit. Wird das Granulat aber in der Schweiz zu einem Kunststoffprodukt verarbeitet, dessen Granulatanteil mehr als 50 Prozent beträgt, muss bei einem Export in die EU das gesamte Produkt verzollt werden, obwohl das Granulat aus Asien auch in der EU zollfrei wäre.

Einige Mitglieder des Verbandes äussern sich negativ zu den Aktivitäten der kantonalen Wirtschaftsförderungen. So werden alteingesessene Betriebe in schwierigen Zeiten nicht unterstützt, bekämen aber bei einem Standortwechsel in den Nachbarkanton grosszügige Steuervorteile und andere finanzielle Entlastungen. Es sollte überdacht werden, ob sich die Wirtschaftsförderung nicht ebenso für den Erhalt der bestehenden Arbeitsplätze einsetzen sollte. Hinsichtlich der Förderung von Wirtschaftsregionen stellen wir grosse Unterschiede zwischen der EU und der Schweiz fest. So profitieren Betriebsansiedlungen in den neuen EU-Ländern offenbar von grosszügigen Subventionen, die entsprechenden Produkte werden dann zu konkurrenzlos tiefen Preisen exportiert. Zum Thema Schutz des Heimmarktes gehören auch die Submissionen. Unter dem Deckmantel der EU-Kompatibilität werden Ausschreibungen der öffentlichen Hand getätigt, die so formuliert sind, dass einheimische Anbieter praktisch chancenlos sind. Interessanterweise haben Schweizer kaum Chancen, in die EU zu liefern. Es stellt sich die Frage, ob der Heimvorteil durch die Schweizer Behörden nicht leichtfertig verspielt wird.

Dass die administrativen Bestimmungen und Auflagen als unternehmerfeindlich wahrgenommen werden, ist ein wiederkehrendes Thema. So darf beispielsweise ein grösseres, international tätiges Unternehmen im Raum Zürich gerade einmal acht Besucherparkplätze auf dem Werkareal betreiben und ist verpflichtet, für die übrigen Parkplätze ein Gebührensystem einzurichten. Solche Auflagen sind zu streichen. Der unternehmerischen Freiheit muss wieder mehr Raum zugestanden werden!

Die Schweiz ist auf gute Fachleute angewiesen. Die Berufsausbildung ist ein perfektes Instrument, den Nachwuchs zu schulen. Gerade im Bereich der Ausbildung stellt Swiss Plastics Verbesserungspotenzial fest. Durch Sparmassnahmen und Schulversuche öffnet sich ein Graben zwischen dem, was Schulabgänger können, und dem, was die Lehrbetriebe benötigen. Die Diskussion über Frühfranzösisch oder -englisch ist müssig, wenn die Jugendlichen nicht einmal einen Arbeitsrapport in Deutsch fehlerfrei ausfüllen können. Ein weiteres Beispiel: Swiss Plastics möchte bei der Ausbildung zum Kunststofftechnologen bei der Lehrabschlussprüfung festschreiben, dass in den Berufskenntnissen eine genügende Note erreicht werden muss. Die Kommission «Berufsentwicklung» der Schweizerischen Berufsbildungsämter-Kommission aber sieht keine Gründe, eine solche Hürde einzubauen. Es ist dies ein kleines Problem, aber es zeigt auf, dass die Verwaltung die Wirtschaft nicht mehr unterstützt.

Urs F. Meyer ist Geschäftsführer von Swiss Plastics, dem Branchenverband der schweizerischen Kunststoffindustrie. In der Rubrik «Was läuft falsch?» beschreiben in den kommenden Wochen Verbände und Organisationen, was sich ihrer Meinung nach in der Schweiz ändern müsste.


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